Hauspositronik

Stellen Sie sich die Szene vor: Es ist 1999, wir sind auf der Apple Entwicklerkonferenz Macworld Expo und der großartige Steve Jobs (*24. Februar 1955, +05. Oktober 2011) ist kurz vor dem Ende seiner Präsentation. Wir denken schon, dass wir all die bunten Wunder dieses Tages bereits gesehen haben, als sich Steve noch einmal an sein Publikum wendet: “But there’s one more thing!”
Damals ging es um nicht weniger als den WLAN Standard 802.11 in der brandneuen AirPort WLAN Basisstation und eine Liveanwendung des mobilen Surfens im Internet. Und das Versprechen von Steve, dass in sechs bis neun Monaten alle Geräte im Apple Ökosystem diesen Standard unterstützen würden – nicht mehr und nicht weniger als vielleicht der wichtigste Meilenstein für ein mobiles Internet im Megatrend der Digitalisierung und ein gewaltiges Moment vorwärts, in Richtung des Megatrends Neue Arbeit.
Ich bin so etwas wie ein Zeitzeuge, war bei der Konferenz so gut das damals eben ging digital dabei (…) und habe die Faszination dieses Tages und dieser Zeit mitgetragen. Wie wunderbar war das Versprechen einer neuen (Arbeits-)Welt mit deutlich mehr Kreativität und Freiraum, wie beeindruckend die ersten eigenen Gehversuche und dann die Technologieanwendung im Produktivbetrieb im eigenen Unternehmen.
Doch die Zeit steht nicht still und immer neue Dinge treten in den Fokus. Wer sich mit Megatrends beschäftigt und zusätzlich den Expertenblick aus der Immobilienwirtschaft mitbringt, erkennt einen neuen Power-Ort für Innovationen: das Zuhause der Zukunft. Hier werden im Bereich der Bauweisen, das Building Information Modelling (BIM) und der digitale Zwilling ebenso wichtig, wie aus dem Bereich der Immobiliennutzung die Assistenzsysteme (inklusive der Sensoren der Assistenzsysteme) des Ambient Assisted Living (AAL) oder des Smart Home.
Also, viel Spaß in der neuen digitalen Wohnungswelt. Dieser Text nähert sich bereits seinem Ende und doch, erinnern Sie sich jetzt bitte an die oben beschriebene Szene mit Steve Jobs. But, there’s one more thing!
Hier ist es, das nächste “große Ding”!
Lassen sie uns über den neuen Power-Ort “Wohnung” (grundsätzlich eignet sich aber jede Immobilie) kurz nachdenken. Das BIM liefert die Daten für den digitalen Zwilling (das digitale Abbild der Wohnung) und das AAL verknüpft die physische Wohnung und ihr Datenabbild mit zahlreichen Sensoren. Wenn jetzt diese Sensoren in einem digitalen Abbild mit einer (intelligenten) Computerlösung ergänzt werden, entsteht etwas völlig Neues, eine Hauspositronik.
Wo nehme ich diesen Begriff her bzw. wie wird er abgeleitet?
Ich definiere den Begriff “Positronik” entlang der Werke eines anderen Helden meiner Kindheit: Isaac Asimov (*02. Januar 1920, +06. April 1992) war Biochemiker, Sachbuchautor und Science-Fiction-Schriftsteller. In der Kurzgeschichte “Reason” (1941) wird erstmals der Begriff “positronisch” verwendet und gemeint ist damit ein Robotergehirn in einer ganz positiven Denkweise der digitalen Intelligenz.
Die Hauspositronik ist eine Übertragung dieser Definition auf ein elektronisches Wahrnehmungs- und Handlungsnetz innerhalb einer Immobilie, gewissermaßen der Computer, seine Wahrnehmung (durch Sensoren in der Immobilie), ggf. seine digitale Persönlichkeit (simuliert oder als wirkliche Künstliche Intelligenz) und auch seine (oder ihre?) Handlungskompetenz (durch Aktoren, durch Sprache und elektronische Reichweite).
Während Roboter und andere Maschinenwesen mit einem “positronischen” Gehirn nach Asimov gedacht werden, so wie z.B. der Androide “Data” in Star Trek, denke ich über einen “positronischen” Assistenten oder z.B. eine Wohnung mit entsprechenden Funktionen nach. Das ist nur logisch, wenn man den Megatrends der Konnektivität und der Industrie 5.0 folgt.
Ist die “Hauspositronik” eine Fantasie? Ja, wenn man über das “Gestern” nachdenkt und sich entsprechend beschränkt. Nein, wenn man im “Heute” lebt, z.B. hier diese Artikel liest, und sicher nicht “Morgen” – da wird die Hauspositronik schon eine wichtige Alltagstechnologie sein.
Vielleicht ist sie (oder er?) auch das “next big thing”. Die elektronische Person, die mit den Kindern spielt, die Wohnung bewacht, ihre Nutzer mit Einkäufen versorgt und sich um die Seniors liebevoll kümmert. Einen ersten Schritt sehen wir mit den Home Assistenten “Alexa”, “Siri”, “Hallo Google” und so mancher Variation heute schon, aber da ist noch viel smarter Raum nach oben offen. Die Hauspositronik ist mehr als ein Konsumhelfer, in meiner Vision ist sie eine Freundin oder er ein Wingman oder es eine Variante emanzipierter zukünftiger Lebensweisen!